KRAMPUSSONG IM TELEGRAMMSTIL

                                     Abendbummel – Höllenrummel – Kettenrasseln                                      Sprüchlein quasseln – Angstpsychosen – Krampusposen

30440bb3697797b6feae5c8bfa3fc17f--christmas-postcards-vintage-christmas-cards„Rückblickende Gedanken zum Auftakt in den Advent“

Beim familiären Abendbummel über den mit einer großen Tanne geschmückten Linzer Hauptplatz konnte es früher schon mal passieren, dass man an einem 5. Dezember in den Höllenrummel der aus der Altstadt kommenden Krampusgruppen geriet. Hektisch laut brüllend liefen sie durch die Straßen. Ein für Kinder unvergesslich gruseliges Kettenrasseln, das in der Stimmung wieder hoch kam als zwei frisch Getraute am 6. 12. 82 beim Aussteigen aus der S-Bahn flankiert von schnauzenden DDR-Militaristen mit Maschinenpistolen von deren Kettenhunden zu den unheimlichen, verspiegelten Passkontrollschaltern verbellt wurden, bis sich dann plötzlich die fast unsichtbare Tür des Bahnhofs an der Friedrichstraße öffnete und man sich am Eck kurz vorm Brandenburger Tor befand. Eigenartig wohltuende Ost-Berliner Ruhe umfing sie, Hausbrandgeruch und weit und breit keine einzige Plakatwerbung – man war zurückversetzt in die frühen 60er, als es hier in Urfahr schon vor Weihnachten große, dicke Flocken schneite, die Kinder aber am gerade noch schwach hellen  Nachmittag in ihrer Schulbaracke saßen bei Liedern und beim Sprüchlein quasseln, die sie für den Nikolaus übten. Man hatte damals wechselweise Vor- und Nachmittagsunterricht, da die Sonderschule auch hier untergebracht war und man im Nachkriegs-Linz noch immer mit dem Wiederaufbau beschäftigt war. Die Volksschüler zogen in ihren 4 Jahren zweimal um in andere Gebäude und hatten jedes Jahr einen Lehrerwechsel. In der Vierten übernahm der bekannte Schulbuchautor und beliebte Direktor Würzl die Klasse – doch zurück in die Erste: Die Sechsjährigen bekamen Angstpsychosen, wenn sie nur daran dachten, dass es gleich dunkel würde. Vor den Fenstern ihrer alten Holzbarackenschule glaubten sie schon Fratzen mit Krampusposen zu sehen, als endlich die Schulglocke läutete. Würden sie es schaffen den Nachhauseweg ohne unliebsame Begegnungen zu überstehen?

DSCN1149.JPGVolksschule – 1941 war die Baracke errichtet worden – 45 diente sie den Russen als Pferdestall

                             Kinder weinen – Mütter greinen – Babyfraisen                              Dreizackeisen – Birkenruten – Rückenbutten

Auch der Klassenjüngste versuchte sein Glück. Ganz schnell steckte er stolz seine Faschingseinladung die er vom Rappl Heinzi für Anfang Jänner bekommen hatte in die Schultasche. Dann lief er durch den halbdunklen Gang zur Garderobe. Manche Mütter hatten es nicht geschafft ihre verzweifelte Brut rechtzeitig abzuholen und so empfing ihn Kinderweinen an der offenen Schultüre. Er wusste, dass er nicht zu hoffen brauchte, denn sein Vater hatte langen Tag und die Mutter kam auch erst gegen 19 Uhr vom Dienst nach Hause – wenige Minuten vorm Nikolaus. Am Vorplatz ein Auflauf: Mütter greinen, ein Kinderwagen, daraus schrill laute Babyfraisen – nichts wie weg … Die Angst stieg erst so richtig hoch als es auf der Straße nun still wurde. Eigentlich war er ja in Hochstimmung: Er war als Klassensieger des von seiner geliebten Lehrerin ausgerichteten Gesangsbewerbs vor wenigen Tagen hervorgegangen und er sollte sich wenig später Gesamtsieger nennen dürfen. Aber jetzt hatte er andere Sorgen. Überall hinter jedem Busch am Straßenrand konnte ein Dreizackeisen auftauchen und der kleine, kränkliche Taferlklassler gab sich wenig Chancen einem echten Krampus zu entkommen. Seine  Oberlehrerin Haase nannte ihn „Krankensessel“, denn sein Platz war oft mal leer, wenn er sich nach wenigen Schultagen die nächste Kinderkrankheit eingefangen hatte. Der Kindergarten hätte ihm auch diesbezüglich gut getan. Statt dessen war immer ein junges Dienstmädchen in seiner Nähe und hoffentlich auch jetzt zuhause, um ihn vor den Schlägen mit den Birkenruten zu bewahren. Gäbe es schon eine Schneedecke am Asphalt, dann wärs kein Problem: In den Weihnachtsferien konnte man alle Jahre wieder vom Pöstlingberg und seinen Rodelwiesen beim unteren Dießenleitenweg übers Petrinum mit dem Schlitten und Höllentempo vorbei an der Müllgrube (heute Sportplatz) und der Barackenschule  bis runter in den Karlhof gelangen. So wie mit dem Tretroller unterm Jahr. Erst direkt vor der Wohnung in der Leonfeldnerstraße wurde es richtig flach. Mittlerweile hatte er klamm die mit alten Straßenlaternen auf schwarzbraunen Holzmasten ausgeleuchtete kleine Kreuzung erreicht und bog in die dort abschüssige Teistlergutstraße ein, als er eine große, dunkle Gestalt am Ausgang des Holzwurmwegs im Augenwinkel sah und sofort zu laufen begann, ohne sich umzudrehen. Er wollte keinesfalls in einer dieser Rückenbutten landen, mit denen kleine Kinder in schaurige Kohlenkeller „vazaht“ wurden, um dann dort verdroschen zu werden. Nur noch wenige Meter bis zum Zebrastreifen. Hier könnte man auch direkt in die Polizeistation laufen. Die hell ausgeleuchtete breite Straße bot Sicherheit, die Autos blieben stehen, er hatte es geschafft denn eine schmale Quergasse und zwei Türen weiter war das Ziel.

krampusmontage.jpgDas Problem ist weder die Balkan- noch die Mittelmeer-, sondern die Birkenrute

Hader Privat zu Josef & der Krampus:

                      Hinterm Fenster – Nachgespenster – Treppenknarren                           Schreckerstarren – Schlägerei – Wehgeschrei

Hinterm Fenster wurde gerade das Licht aufgedreht und der Stohr vorgezogen. Es war also jemand zuhause und keines der Nachtgespenster war ihm gefolgt. Er läutete und bereits Sekunden danach öffnete die 18jährige Rosmarie die Haustüre und bugsierte ihn ins sichere, wohlige Innere. Moderne Gasöfen sorgten in der neuen Wohnung in vier Zimmern für angenehme Raumtemperatur. – Noch bis vor kurzem und im alten Haus war dies die Aufgabe eines gefährlich rot glühenden Gusseisenofens gewesen. Mutter & Oma hatten auch diesbezüglich große Besorgnis um das Wohl des Knaben.

Kurz vor seinem 6. Geburtstag war man her zur Volksschule übersiedelt, von der idyllischen Altomontestraße, den weiten Feldern ( – heute PRO-Kaufhaus und Stadtautobahn), die man über einen Weg auch mit dem Kinderwagen queren konnte bis hin zu einem Bach, der hinter einem Bauernhaus vom Bäumen flankiert durch den Urnenhain in Richtung Donau fließt. Damals war im Sommer das Gewässer für Kinder durchaus noch zum Baden geeignet …  Am Ende der Straße befand sich eine alte Kohlenhandlung, die im Winter direkt durch die Kellerfenster belieferte – dahinter ein Teich, wo man ganze Sommer Nächte lang den „Froschgesang“ hören konnte. Wunderbar war auch der große Innenhof mit dem großen Steinnilpferd und dem Delphin aus dem Wasser sprudelte. Ein Terrain, das sein mutiger erster Freund Gerhard auch gegen größere Burschen mit Wort und Tat verteidigte, doch das war nun Geschichte. Nur die Bücherei am Eck in der Linken Brückenstraße führte ihn auch später wieder alle paar Wochen hierhin zurück.

OLYMPUS DIGITAL CAMERASein nunmehriges Zuhause ohne Holzstiegen und dem damit verbundenen öden Treppenknarren war das erste neu gebaute Haus inmitten der „Hitlerbauten“ an der Leonfeldnerstraße, die gleich danach enger wurde und gemeinsam mit der Linken Brückenstraße in die Felder überging. Schon damals gab´s den Bus bis zum „Jäger im Tal“ kurz vor der Lederfabrik im Haselgraben und eine seiner Haltestellen direkt vorm Kinderzimmerfenster. Dieser Bus sollte ihn nur wenige Jahre später in der Unterstufe am Krampustag von der Straßenbahn an der Biegung zur sicheren Heimstatt bringen. Dazu musste man am Eck Reindlstraße schnell zusteigen. Auch Mitte der 60er waren das Feeling, der Geruch und das ungute Bauchgefühl noch da. Hausbrandgeruch in der Urfahraner Hauptstrasse mit den großen leuchtenden gelben Sternen im Dezember. Weihnachtsbäume und Gestecke gab´s in kleinen Gasse dahinter, wo einige Gärtnereien untergebracht waren (heute steht dort das Lentia) und das Schaffer-Holzwerk. Vor Weihnachten hing an jedem vierten Fenster in Urfahr ein Fasan. Meist bis ganze zwei Wochen (also viel zu lange) davor musste das „Prestigetier der 60er Weihnachten“ dort im natürlichen Kühlschrank „abhängen“, um dann im quasi „halbverfaulten“ Zustand aufbereitet zu werden. Endlich mit dem Einschalten der Weihnachtsbeleuchtung kam der Bus. Nur drei nervöse Schüler stiegen zu und weiter ging die Fahrt zur Friedenskirche – der Name täuscht, denn an der Busstation war zu befürchten, dass dem Pfarramt frisch entsprungene Kramperl versuchen könnten den Bus zu entern. Umso erfreulicher war es, als man über die Kreuzung Freistätterstraße zur Haltestelle einbog, dass kein gehörnter Geselle am Trottoir auszunehmen war. Es wollte auch niemand aussteigen. Doch plötzlich Schreckerstarren: Irgendjemand oder etwas drosch von außen gegen die geschlossene Wagentür. Es wurde heftig an der Schnalle gerüttelt. Doch als Ruten sichtbar wurden die gegen das Autoblech hämmerten, setzte sich das Gefährt endlich in Bewegung. Durch das hintere Fenster wurde man Zeuge einer Schlägerei. Das Wehgeschrei der Beteiligten ging im Motorenlärm und dem wilden Durcheinander der aufgebrachten Fahrgäste unter. In einer Minute würde der Bus den Karlhof erreichen. Höchste Zeit, denn Onkel Toni hatte sich angekündigt, um schon jetzt sein Weihnachtsgeschenk zu deponieren: Seit Schuleintritt lag so jedes Jahr „Das große Jugendbuch“ vom Verlag „Das Beste“ unterm Baum – zuletzt mit dem gar nicht schwachen Würfelspiel „Autorennen Paris-Dakar“ auf den letzten Seiten der Ausgabe – das macht dann doch Hoffnung auf mehr davon …

ER-und-sein-Stellvertreter  Spittelberg Dez. 013  Der Vergleich macht Sie sicher.jpgVon der Spittelwiese zum Spittelberg: Er und sein Stellvertreter – der Vergleich macht Sie sicher

                             Geißfußkratzen – Teufelsfratzen – Pferdeschwänze                                     Hexentänze – Besenreiter – usw.

Anfang Dezember ging’s aber nicht immer nur bloß um Geißfußkratzen und Teufelsfratzen:  „St. Nikolaus ora pro nobis“ steht groß auf der Kirche neben dem heutigen ARS-Center und der Stadtwerkstatt mit ihrem Radio FRO Studio. In dieser Kirche fand vor nunmehr 35 Jahren am Tag der Heiligen Barbara eine Trauung statt, bei der nicht nur Althea Bridges, sondern auch der Bräutigam selbst seine Braut zum Altar sang. Die Hochzeitsreise nach Berlin fand seither Anfang Dezember eine Entsprechung mit Fahrten nach Venedig und Wien …

Leinwand Hochzeit.JPGLeinwand Hochzeit

„Pferdeschwänze – Hexentänze – Besenreiter – und so weiter  …“  – „Ich hör´s noch, als wär´s gestern gewesen“, meinte eine etwas über 40jährige in Erinnerung an ihre Schulzeit am Fadinger BRG. Jedes Jahr Anfang Dezember hat er seinen jüngsten Unterstuflern diesen „Krampussong im Telegrammstil“ aufsagen lassen als feine phonetische Übung im Zeitraffer. Man musste schnell  und deutlich sein, jeder Fehler wurde zu den Sekunden dazugezählt, die mit einer Stoppuhr festgehalten wurden. Zwischen 14 und 16 Sekunden war die Sollzeit für einen 1. Platz angesiedelt. Es war eine Sprechübung von vielen, ein Wettbewerb, der verteilt übers ganze Schuljahr stattfand. Die ersten Drei wurden meist am Zeugnistag mit einem goldenen, silbernen und bronzenen Notenstift und essbaren Brucknernoten ausgezeichnet. Die Besten erhielten die große Ausgabe dieser köstlichen Linzer Variante der Salzburger Mozartkugel. Davon unabhängig gabs das „Hubi-Spiel“, wenn vor Weihnachten oder zum Semesterschluss der Ratehubschrauber bestückt mit Fragen zu allen möglichen Fächern vom Fadinger Schulhof hinaus in alle Welt flog und man die Antworten dazu und seinen Aufenthaltsort erraten musste. Nicht von ungefähr bekam er von seinen MaturantInnen 011 einen kleinen, blauen Modell-Hubschrauber zum Schulschluss geschenkt …

Manfred Pilsz

Super Hubi 1.JPG        „Super Hubi“ im Adventkalender

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