Ausgehend vom Campus Englisch-sprachiger Hochschulen, wo zuerst „nur“ die Wissenschaft betroffen war, hat eine woke Welle weltweit für heftige, diverse Diskussionen gesorgt:
Metterniche und Präfekten inverser Glaubenskongregationen in Sachen Kunst/Kultur haben seit geraumer Zeit Hochsaison
Waren es zuletzt Straßennamen, die zu ändern wären, da der Geehrte sich nach Jahren als unehrenhaft erwies … Pfitzner muss weg hieß die Devise … andererseits muss sich der legendäre, international bekannte und geschätzte Linzer Sänger Richard Tauber mit einem kurzen Weg(erl) bescheiden – das scheint keinen der Verantwortlichen zu stören … Bei Hans Pfitzner geschah die Aberkennung zu Recht, wenn man sich dessen Äußerungen (1945) genauer ansieht – wie aber ist mit seinem Werk umzugehen, mit seinem Palestrina? – Im speziellen Fall ist dessen Werk erfreulicherweise (noch) nicht von einer quasi „Sippenhaftung“ betroffen. Der Techniker/Erfinder Ferdinand Porsche verlor sein „Weg-Recht“, dessen Produkt aber bleibt in den Garagen reicher „AUTO-chthoner“ u. a. Oberösterreicher … Bei Künstlern ist das anders: Da ist oft nicht nur der Straßenname weg, sondern es wird dann gleich auch das Werk aus dem Regal genommen – sprich: Aufführungsverbot … Im nämlichen Blickpunkt immer wieder auch Franz Stelzhamer, der (vorerst) seine Straße „behalten“ darf …
Derzeit sind Landeshymnen in der Diskussion – so auch das „Hoamatland„:

Bei Stelzhamer ist das „Bunte Buch“ im Diskurs und im „Hoamatland“ die Textstelle:
Der Alt-LH (siehe grüner Link oben) sieht keine Obrigkeitshörigkeit gegeben

Auch der Blog-Autor hatte beim Absingen keinerlei Assoziationen in diese Richtung …
Für über 90 % der OÖ. Bevölkerung geht es bei der Landeshymne weder um Franz Stelzhamer, noch um Abhängigkeiten, sondern schlicht & einfach um lieb gewonnene Tradition. Der Blog-Autor schmettert voll Inbrunst vor allem die „Dahoam-Strophe“, die in Zeiten der Klimakrise einen wahrlich vorbildhaften Inhalt zu Gehör bringt. Ein Klima-freundlicher Hymnus u. a. gegen sinnlose Flugreisen … der Blog-Autor sieht sich in seiner freiwilligen 500 Km Umkreis-Beschränkung bei „Urlauben“ voll bestätigt ... Alleinstellungsmerkmal des „Hoamatgsangs“: Es gibt im deutschsprachigen Raum keine weitere Hymne, deren Text im Dialekt abgefasst ist !

Liebe Walküren & Walkürinnen <<<
Blöd provokante Überschrift eines WagnerWerk-begeisterten Menschen – mitnichten – eingedenk meines Films „Fremdlingin„: Wäre Georg Trakl verantwortlich für den Text unserer Bundeshymne, so wären uns diesbezüglich wahrscheinlich überlange Genderisierungsdiskussionen erspart geblieben; Mit seiner Fremdlingin, Mönchin, Jünglingin hätte er über die „Schmerzverschwisterte“ (seinem Alter Ego) Grete sicher das Weibliche auch im Hymnentext verankert … Aus meiner bescheidenen Sicht wäre die Problematik aus dem Blickwinkel, dass nach Jahrhunderten der männlichen Endungen ab nun die weiblichen obligat wären, völlig unproblematisch gelöst. Mich als UnRuheständlerin oder Pensionistin, Seniorin oder Bloggerin zu bezeichnen würde mir keine wie immer geartete Pein bereiten. Anreden und Bezeichnungen dieser Provenienz könnten (wenn es denn so sein sollte) auch Eingang in heutige Literatur finden, aber bitte keine (wie auch immer angedachten) Eingriffe in wertvolle, künstlerische Texte (Kunstwerke) vorwoker Zeiten – egal ob ihr Kreator heutigen Maßstäben entspricht, oder eben nicht …
Und damit zurück zur Verknüpfung von Kunstschaffenden mit ihren Kreationen: Was wiegt mehr? – Ein hochqualitatives, musikalisches Œuvre mit Weltwerken wie Salome, Rosenkavalier, Heldenleben, Eulenspiegel oder die Tatsache, dass Richard Strauss kurzzeitig Präsident der Reichsmusikkammer war? Stefan Zweig hätte R. Strauss & dessen Schaffen wohl zu 100% exkulpiert !
Wenn in Kunstwerken eigene politische Überzeugungen / Gesinnungen der Schöpfer zum Ausdruck gebracht werden, wenn autobiografisch aufgeladene Werke zum Diskurs stehen, ist dies aus dem Blickwinkel der Biographischen Daten des Künstlers sowie der Entstehungszeit der Werke zu beurteilen – selbiges betrifft Werkinhalt & Text. Wie lange musste sich Ludwig van Beethoven mit seinen Fidelio-Bearbeitungen herumschlagen, um den damaligen, biedermeierlichen Zensurbehörden gerecht zu werden – nach den sich ständigen verändernden, nun gerade woken Usancen des 21. Jahrhunderts konnte er seine Oper allerdings nicht mehr ausrichten … und das gilt für alle produzierenden Künstler früherer Zeiten !
Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan …
& mit ihm auch alle gleichnamigen Apotheken und Süßspeisen?
Schillers aus dem Zusammenhang gerissenes, in Worten leicht verändertes Zitat aus dem „Fiesco“ wird so ganz schnell scheint’s zum unwoken Fiasko <<<
Me too-Kandidat Mozart hat mit dem Schickaneder-Text in der Zauberflöte zwar kein böses N-Wort drinnen, sehr wohl aber die Figur des Monostatos – Mozarts in Wien lebendem Freimaurer-Kollegen & Künstler Angelo Solimann wurde mit ihm ein Denk–mal gesetzt. Nach dessen Tod mutierte der kaiserliche Prinzenerzieher zum mehr als fragwürdigen Ausstellungsobjekt (!) in der Vorläuferinstitution des Naturhistorischen Museums des Monarchen zu Wien … In dieser kontextualen Verdichtung: Was also tun mit Mozart, Schickaneder & ihrem „Machwerk“? Schikanieren? Oder etwa gar: Verbieten? Umändern? Kürzen?
Das Umschreiben oder Verbot von künstlerischen Werken wird weder dem Schöpfer, noch dem Rezipienten gerecht, wäre ein Kahlschlag in der Kunst/Kulturgeschichte und käme einer Kapitulation der Kreativen und deren kultureller Leistung in Summe vor der Willkür selbsternannter „Sittenwächter“ gleich – diese öde, geistig kulturelle „Verzwergung“ ist daher kategorisch abzulehnen !!! – Wurde aber meist auch (noch) nicht wirklich eingefordert …
Es ist Aufgabe der Regie: Werke möglichst ohne Kürzungen und keinesfalls durch Textänderungen (spez. in sängerischen Bereichen) entstellt, so auf die Bühne zu bringen, dass die Dramaturgie als Werknotariat die Inszenierung mit gutem Gewissen absegnen kann und für das Publikum ein bekömmlich breiter Rahmen für freie Interpretation offen bleibt !
Texte, Stücke, Kreationen, Kunstwerke sind immer aus der Zeit ihrer Entstehung zu beurteilen <<<
Was heute durchaus zu Recht undenkbar und daher auch keinesfalls zu tolerieren ist, war einstmals en vogue – sprich: [ɑ̃ voːk]
Heute schlägt das Pendel in die andere Richtung aus: Woke Sittenwächter wachen nunmehr über Kunst / Kultur
„Das Ungeheuer von Woke-Ness„?

Unter dem Titel >Kulturelle Aneignung< wurde im heißen Wok woker Kulturwächter einiges hoch und gar gekocht: Da wurden nicht nur Konzerte von Rasta-lockigen Künstlern gecancel(l)t, sondern auch der rote Bruder Winnetou von der Leinwand geholt … „Aneignung“ im positiven Sinn bedeutet aber Fortschritt und Wertschätzung und ist kulturgeschichtlich eine Notwendigkeit – nur so war und ist eine weltoffene, grenzenlose, globale Weiterentwicklung in Kunst & Kultur möglich: Von allerersten schriftlichen Aufzeichnungen, die in der Folge den Weg zu Hochkulturen ermöglichten, bis in die digitale Jetztzeit mit ihren Errungenschaften inklusive offener Fragen zwischen KI & letalem K.O. …
Von Betroffenheitskultur bis zur Unkultur
Jede(r) spricht bei ALLEM mit … in einer Demokratie erfreulicherweise möglich und im Sinne von Diversität und Dialektik auch durchaus erwünscht. Zu häufig werden von Unbedarften allerdings Meinungen zu Fakten geadelt – Bei den meist nicht, oder falsch definierten Begrifflichkeiten wie Kunst, Kultur, Zivilisation bleibt man in Sachen Beurteilung fast immer an der geschmäcklerischen Oberfläche.
Filmemacher Ulrich Seidl (selbst betroffen von Vorverurteilungsunkultur) griff in seinem Kurzfilm „Bilder einer Ausstellung“ die obige, ganz typische Definitions- & Interpretationsproblematik von Kunst-Rezipienten auf – ausgehend davon, was ein Kunstwerk, ein Bild in verschiedenen Menschen auslöst und wie es sie dazu bringen kann, über sich selbst zu reflektieren und über ihre Lebensumstände, ihre eigenen Gefühle und ihre Obsessionen zu sprechen …
Cancel(l)ing hat zu Tun mit Wunsch nach Regeln & Antworten mangels Religion oder Traditionen (Brauchtum) – Eine neue angeblich fortschrittliche, eigentlich aber zutiefst kleinbürgerliche, aus strenger political correctness geborene „Beckmesserische“ Regelkonformität bringt so die noch junge Freiheit der Kunst in Bedrängnis
Vor- & Rücksicht bei Äußerungen ist durchaus angebracht:
Erst Denken (& damit Freude schenken), dann reden !
Die Unachtsamkeit, wie spez. auch in den UnSozialen Medien mit Sprache umgegangen wird, verträgt in jedem Fall Kontrolle und Korrektive – besonders der Umgang mit fragwürdigen „Witzen“, die weder mit Satire noch Kabarett zu tun haben. Fundamentalismus, politische Ränder usw. charakterisieren sich u. a. dadurch in humorbefreiten Biotopen zu vegetieren !
Lisa Eckhart im Diskurs – Instrumentalisierung von heutigen oder historischen Berühmtheiten ist an der Tagesordnung, um so medial weitreichender über bestimmte Thematiken reden zu können … durchaus berechtigt allerdings bei echt peinlichen Erscheinungen wie Trump & Co. – je woker da das Umfeld in solchen Fällen mit Nachdruck agiert, desto besser ! Medien wären dabei aufgerufen nicht alles was solchen Figuren „aus dem Maul fällt“ 1 zu 1 zu transportieren, sondern ihnen die Plattformen ihrer Pseudo-Wichtigkeit zu entziehen und statt dessen einem breiten Diskurs als Korrektiv zur Verfügung zu stellen.
„Triggern“ ist das neue „Spoilern“
Vorwarnungen bei Stücken, Filmen und anderen Kunstwerken, dass Verbrecherisches & Gefährliches passieren wird, erscheint ebenso sinnlos, wie der Hinweis, dass der Genuss von Alkohol einen Schwips oder Rausch hervorrufen, oder Essen in letzter Konsequenz zu Stuhlgang führen könnte. Bisher war am Kunstsektor (zB. Film) die Altersbeschränkung für Kinder & Jugendliche völlig ausreichend. Wer einen soliden Horrorfilm besucht, muss sich von romantischen Sequenzen verabschieden und mit „Splatter-Movie-Bildern“ anfreunden. Man darf erwarten, dass sich das geschätzte Publikum auf den „Konsum“ von Kunstwerken nicht nur am Sektor Oper vorbereitet. In Othello wäre „Black-Facing“ so keine wirkliche Überraschung (!) und auch die Erdrosselung der Gattin Desdemona sollte dem mündigen Rezipienten geläufig sein … (- spez. auch in Zeiten von Google, Wikipedia, Trailern …)
Ein „Black-Facing-Verbot“ würde im Umkehrschluss bedingen, dass sämtliche Schauspieler/Sänger mit nicht weißer Hautfarbe faktisch keine klassischen Rollen spielen dürften – absoluter Schwachsinn. Der ganze abendländisch europäische Werkekanon fiele in diesem Falle flach und Angehörige anderer Kontinente wären wegen kultureller Anmaßung/Aneignung gleichfalls auszuschließen …
In der Inszenierung Harry Kupfers in den 80ern sang der großartige Simon Estes den fliegenden Holländer in Bayreuth: Da wäre „White Facing“ angesagt gewesen und hätte natürlich kein Problem dargestellt – im Text ist vom „Bleichen Mann“ die Rede – wahrlich unfreiwillig komisch – auch wenn man das Libretto metaphorisch auslegen kann ...
Wie politisch, propagandistische „Vereinnahmung von Kunst“ schier umfassend funktionieren kann, zeigt sich bei Richard Wagner: Es kam zu einer „kulturellen Aneignung“ des Komponisten durch den Mann aus Braunau ebenso, wie durch apokalyptische Filme oder heutige, „gleichnamige“ Söldner-Truppen. Auch Wagners Schwiegervater Franz Liszt wurde mittels „Ostfanfare„ im Volksempfänger „krass“ missbraucht. Selbst unpolitischste Komponisten wie Bruckner wurden Teil der Propaganda – im speziellen Fall durch Inthronisation in der Walhalla bei Regensburg. Bei Wagner ist die Sache nicht ganz so einfach, da er in seinen begleitenden Schriften „Inkorrektes“ gestreut hat, andererseits aber ideologisch nicht festmachbar ist, weil er u. a. sowohl von rechts als auch von links „benutzt“ werden kann.
Beim Thema professioneller Recherche ist da meist viel Luft nach oben – Internet-Enzyklopädien und veritable Organisationen sind da nicht ausgenommen … Als Ergebnis schlampiger Internetz-Recherchen wird explizit unverhofft Cosima (Tochter von Franz Liszt) ihr Gatte R. Wagner als Vater zugedacht. Die „Hohe Frau“ hat nach Wagners Tod 1883 tatsächlich eine wesentliche Rolle im sogenannten Bayreuther Kreis bis zu ihrem Tod 1930 gespielt. Gobineaus Ideen wurden da allerdings von Houston Stewart Chamberlain erst ab 1899 verbreitet … & weder R. Wagner noch Cosima erlebten das 3. Reich …
Zitat Wikipedia: Gobineau bewunderte Richard Wagner und traf mehrmals mit diesem zusammen. Wagner antwortete ihm mit seiner Schrift „Heldenthum und Christenthum“, worin er die rassistischen Ideen Gobineaus kritisierte und teils zurückwies …
„Nehmt die Wäsche von der Leine, die Schauspieler kommen“
Schon wieder so ein inkorrekter Sager – was will uns der Blogautor damit andeuten? Können verbale oder juristische Fehltritte reproduzierender Künstler die Aufführung von Werken in Frage stellen? Für den Film „Corsage“ – wurde dies so zum fast alles abschnürenden Korsett? Der produzierende Künstler ist für Inhalte, Intendant & Kurator für die Auswahl, Regie, Choreographie & Dramaturgie für die Auslegung und Tänzer, Schauspieler, Sänger für die Darstellung verantwortlich – Letztere sind dabei logischerweise nicht sie selbst, sondern stellen „nur“ Kunstfiguren dar – mit Kostüm, Perücke & Maske, Black- & White-Facing all inclusive …
Die Floskel „What shall’s“ bringt’s auf den Punkt: Es zeichnet den Schauspieler/Sänger aus. ja es gehört zum Berufsprofil, in fremde Rollen zu schlüpfen, eine(n) andere(n) darzustellen !!!
„Cancel(l)ing“ ist ein also auch diesbezüglich absolutes NO GO <<<
In ergänzter Variation des berühmten Satzes eines ebensolchen österreichischen Kanzlers möchte ich schließen:„Lernen’S ein bissl Kultur-Geschichte …“ <<<
M.P. – ein dicker, alter, weißer Mann (- „OÖ. Mostschädel“ – Kunst statt Alk )
Hinweis nur für „Digital Naives“: Alle Worte dieser türkisen Farbgebung im obigen Blog-Text beinhalten Infos, Bilder, Videos, PDFs usw. …, die durch einen linken „Maus-Klick“ aktiviert werden können & sollen !
Nikolaus Habjan u. a. zu „Cancel Culture“: https://cba.fro.at/509728 <<< (Radio)