Gedanken zum OÖN-Beitrag der Medienpsychologin Martina Mara unter dem Titel „Was man im Wahlkampf auch mal fragen könnte“ … (Schöne, neue Welt / OÖN)
Dr. Martina Mara hat mit ihren Gedanken zum Wahlkampf schon recht, wenn sie hinterfragt, warum das vordringliche Thema „Digitalisierung & Arbeitswelt“ so kurz vor dem 15. Oktober nicht zwingend von den Medien in den Wahlkonfrontationen und Interviews mit den Kandidaten abgehandelt wird. Warum lassen sich einige doch weitblickende Unverzagte dieser Profession mit Bagatellisierungsformeln abspeisen wie: „Die Digitalisierung wird in erster Linie nicht Arbeitsplätze kosten, sondern viele neue bringen“, wenn wir doch seit Jahren durch Studien wissen, dass wahrscheinlich etwa die Hälfte aller heutigen Arbeitsplätze in der westlichen Welt schon 2030 nicht mehr existieren werden.
Wo bleiben die insistierenden „Nachhakfragen“ – Wir benötigen Antworten statt Worthülsen. Statt dessen wird das so geartete, zukünftige Szenario, das noch dazu ausgehend vom „Status Quo“ dem Wahlvolk schwer zu erklären ist, eher umschifft, zumal wenn man weiß (oder auch nicht), dass man eigentlich schon vor Jahren hätten beginnen müssen sich damit vordringlich zu beschäftigen, wenn das „Unvermeidliche“ sanft & „smart“ über die Bühne gehen soll. Der deutsche Philosoph Richard David Precht bringt unsere aktuellen Situation auf den Punkt: „Also was wir im Augenblick machen, ist, wir dekorieren auf der Titanic die Liegestühle um“
Es muss aber nicht zwanghaft die Titanic sein, man kann auch mit der „Santa Maria“ eines Kolumbus in diese „Neue Welt“ aufbrechen. Aber irgend jemand muss es tun: Großkonzerne endlich in die Verantwortung nehmen, das dann notwendige Grundeinkommen einführen, die noch vorhandene menschliche Arbeit speziell auch im Pflegebereich und Bildungswesen (Tablets sind sicher dann schon wieder Geschichte) ermöglichen. Wer bereitet die Menschen behutsam (also evolutionär) auf die Umwälzungen und ihre neue Lebenssituation vor? Wer vermittelt ihnen die neuen Paradigmen? Wer sorgt für notwendige Wertschätzung, Zufriedenheit und neuen Lebenssinn?
Noch glaubt man in manchen Führungsebene und akademischen Berufen man selbst wäre von der Roboterisierung usw. nicht betroffen. Noch glaubt man an Vollbeschäftigung ohne Arbeitszeitverkürzung, weil wir uns noch gerade in der Übergangsphase befinden. Noch glaubt man durch akademische „Ausbildung“ (statt Bildung) für Alle die Lösung gefunden zu haben, während in medialer Verborgenheit heftig schwelende Jungakademikerarbeitslosigkeit der Generation Praktikum kaum mehr unter der Decke zu halten ist. Schlecht bezahlte Mini- und unsichere Kurzzeitshops, die einen späteren „Pensionsfreien Raum“ eröffnen, täuschen darüber geschickt hinweg – „Armutsgefährdung auf höchstem Niveau“ …
Alles kaum noch (oder bewusst nicht) von der allg. Statistik erfasst. Ganz zu schweigen von der Flucht in die Selbstständigkeit – oft getarnt als wackelige „Start up“- Konstruktionen – verglühende Feuerwerksraketen – ungesicherte Netzarbeiter – jenseits des sozialen Netzes und fern ab einer nur zu gern „Veröffentlichten Meinung“
Wir sollten uns jetzt getrauen quer durch, oder fern von allen Parteien, Listen, Bewegungen und Ideologien quasi „fortschrittsfeindliche“ Fragen zu stellen, ob wir den digitalen Segen in vollem Umfang überhaupt so wollen (müssen)?! Nutzen wir doch jeden sooft gescholtenen „Stillstand“ ganz bewusst als dringend notwendige, sinnvoll ausgefüllte „Nachdenkpause“ …
Manfred Pilsz
Gekürzte Fassung – Leserbrief OÖN
Meist auf „Beruhigung“ hin ausgerichtete Stimmen zur Digitalisierung bei der ARS: