MARONI, MISTLN, METTE …

volksgarten-1024x684.jpgJa bitte Bratwürstel – und nehmen Sie eh Essmarkerl?“ Eine aufgehaltene Hand reichte als Antwort bevor am Christkindlmarkt im Volksgarten Anfang der 70er Jahre drei Würstel mit Sauerkraut und Semmel im Wert von knapp über 20 Schilling über die Budel wanderten. Der einzige Höhepunkt des Tages in der von der Stechuhr recht knapp bemessenen Mittagspause für den jungen „Praktikanten“. Er war frisch in seiner Gesangsklasse, jung und er brauchte das Geld – „Ein Ring, sie zu knechten“ (Tolkien) – Sechs Monate Bundesheer und das eher öde „Hamsterrad“ eines Versicherungsjobs waren total perspektivenfrei und so klammerte er sich an diese kurzen Eindrücke der Freiheit, die ihm das Getriebe des mittäglichen Markts bis zum letzten Würstel bot. So geschehen vor 45 Jahren in zwei Wintern vor dem endgültigen Absprung in die Kunst und an den Katheder im Schuldienst …

MariusRadio-Beitrag mit Marius Huszar (Kulturtaxler09 / damals Kollege in der Versicherung – „Man war jung und brauchte das Geld …“  —>   https://cba.fro.at/429808

Dieser damalige Hoffnungsgedanke befreit von (beruflichen) Zwängen leben zu dürfen, der mittlerweile seine ultimative Erfüllung erfahren hat und täglich ausgiebigst gelebt wird, war früher als Schulkind und am Beginn des Arbeitslebens am ehesten nur in Ferien, Urlaub und der Vorweihnachtszeit gefühlsmäßig erahnbar. In der Folge löste sich dieser Freiheitsdrang in der erfüllten Arbeit, in Projekten und Kunsterlebnissen auf, bis er Mitte 50 im Korsett, das der Schule durch sogenannte Reformen inklusive dieser stupidenEinheitsmaturazugemutet wurde, wieder aus ihm herausbrach … Des Ringes Herr als des Ringes Knecht (R. Wagner)

Hofgasse Adventkalender09 2008.12.13jpg.jpgAllerdings immer wenn es „weihnachtete“ wurde es in all seinen Lebensphasen schöner oder zumindest  erträglich … Was aber macht diesen „Zauber der Adventzeit“ aus mit ihrem Kulminationspunkt rund um den Heiligen Abend – was bewirkt denn diesen Gefühlswechsel in wohlige Hochstimmung? – Die Tatsache, dass es immer kälter, nebliger und dunkler wird? Nun die Mehrheit aller Menschen spricht von diversen Herbstdepressionen, die mit Ankunft des Winters nicht besser werden. Wie soll das dann am „24.“ klappen, wenn man kein Sommerhasser ist? Kann man Weihnachten lernen – sich in die richtige Stimmung versetzen lassen? Will man/frau das überhaupt?

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Wenn der Engel des Kommerzes schon Ende September von einem frisch angeworfenen Maronistanderl herab verkündet, dass es an der Zeit wäre vom Sommerschlussverkauf die Wende hin zum Christkindlmarkt recht direkt anzusteuern, so wirft dies doch eher die eine oder andere Fragen auf …

Warum sollte jemand der mit der Kirche nix am Hut hat und Weihnachten „Scheiße“ (?) findet unbedingt dieses inflationäre Fest feiern müssen, selber jede Menge Packerl und womöglich mitten in der Woche kurz vorm Jahreswechsel sinnentleert mehrere Tage frei bekommen? Nun vielleicht handelt es sich ja um eine völlig entnervte Mutter, die dennoch ihren Kindern das traditionelle Fest gönnen möchte, auch wenn sie selbst aus Überzeugung oder finanzieller Überforderung aus ihrer Kirche ausgetreten ist. Möglicherweise stammen die starken Worte von einem Agnostiker, der sich aber prinzipiell, wenngleich nur passiv dem Brauchtum verpflichtet fühlt. Wenn sich die nämliche Person allerdings bloß abseilen und in den Süden fahren möchte, weil man nach Licht und Wärme hungert und daher lieber mit dem Flieger abdüst, dem Rentierschlitten und dem Christkind dabei die lange Nase zeigt, dann werden doch wohl gute Christen einen schönen Urlaub wünschen und fürs Wetter & Gelingen der Aktion zungenfertig einen einen flotten Rosenkranz beten können -oder?

Selbstverständlich sollte dabei kein eigener Urlaubstag für den Weihnachtstrip drauf gehen. Ja, liebe Kirchengemeinde gerade zum Fest der Liebe ist ein Quantum Solidarität angebracht: Und so könnten sich unsere Fernreisenden vielleicht bei Rückkunft mit der Entrichtung einer „Ersatzkirchensteuer“ („Ethikabgabe“) einbringen. Da wünscht man ihnen dann noch viel gerner gesegneten Urlaub und sich selber: Frohe Weihnachten ! Die traditionelle „Herbergssuche“ beschränkt sich im speziellen Fall allerdings auf ein „Hotel Trivago“ im südlichen Indischen Ozean oder in einem edlen Skiort. Obdachlose wie Maria & Josef werden da bestenfalls als Bestandteil der „Flüchtlingsproblematik“ wahrgenommen und im Zuge einer anstehendenKrippen-Impfungmit dem Serum der Beliebigkeit eigenen Tuns erfolgreich verdrängt.

-17-DSC_7962_Krippe_Linzer_Schloss_von_m._Kosmata.JPGNicht nur in katholischen Privatschulen wird seit Ende November heftig an der letzten Stunde vor Weihnachten oder gar an einem Hirtenspiel gearbeitet. Aber auch in der Innenstadt-NMS mit „90 % Türken“ (?) schaut in den neuen politischen Zeiten der Heilige Nikolaus ungebrochen vorbei – kommt er ja doch selbst aus den Gefilden des Halbmonds zu uns. Und auch unser Jesuskind wohnte dort eh a glei ums Eck – wie überhaupt die ganze Römisch Kath. Religion migrantischen Ursprungs ist. Nur Ochs und Esel sind laut gültiger Stallorder zwei waschechte Inländer, „denen man die regionale Abstammung wahrlich ansieht …“

Immer weniger zahlende und noch weniger praktizierende „Katholen“ führen dazu, dass es zu Wien schon mehr Gläubige für Moscheen als für Dome gibt – der Text unserer Bundeshymne im „Land der Berge“ beginnt also konfessionell zu wackeln … das stört wiederum speziell die -warum auch immer „Rom-treuen“-Ausgetretenen, die nicht nur diesbezüglich am lautesten „rum-Mekka-n“ … Man besteht auf den Werten des christlichen Abendlandes und verweist mangels eigener religiöser Übung auf das Brauchtum, ohne zu wissen worum´s genau geht – jedenfalls hat es bezüglich der Bethlehem-Geschichte irgend etwas mit dem „Nordischen“ (?) auf sich – tappt man vermutend im schier ewigen Dunkel entsprechend extremer Breitengrade durch frisch gegoogeltes Halbwissen …

arctic_circle_santa_claus_village_summer_rovaniemi.jpgP7160125.JPGWeihnachten ist jedenfalls sicher nicht, wenn in Rovaniemi im finnischen Lappland im Hochsommer am Polarkreis bei 18 Grad+ ein Weihnachtmann mit Aufklebebart leider auf Mittagspause ist und ein Linzer „Tourist“ mit passenderem Bodymaßindex, wesentlich mehr heiliger Aura und unverkennbar echter Physiognomie dann weinende Kinder trösten darf, dass sogar die dort statt der sonst üblichen Krippenstalltiere agierenden, echten Rentiere ehrfürchtig aufblicken … Kein Mann mit roter Mütze und Schlitten kann jemals unser aller Christkind ersetzen !!! – Aber welche Geschichte kann erklären, warum am stillen See Genezareth „der Schnee leise rieselt“?

Wenn schon, dann sind es alte Sagen aus dem Norden von der „Frau Holle“, die oberhalb von Kassel auch „Frigga“ genannt wird. Gewarnt durch einen schrecklichen Traum des Sohnes beschwört sie alle Pflanzen ihren Spross zu verschonen, doch Misteln hat sie dabei vergessen und so stirbt den jungen Lichtgott durch einen Mistelpfeil, den der listige Loki dem blinden Wintergott Hödur (- nicht ident mit Ullr dem Gott des Bogenschießens & Schneeschuhlaufens) einspannt. Wie Barbarazweige erblühen so trägt diese Pflanze kurz vorm Fest weißen Beeren. Es sind die Tränen der Mutter Frigga oder die Flocken der Frau Holle. Früher waren es Druiden, die mit goldenen Sicheln diese singulären „Winterblüher“ mit ihren weißen Früchten von den Bäumen schnitten, über dem Eingangstor platzierten und so dafür Sorge trugen, dass die Bewohner des Hauses von Frigga geküsst und geschützt wurden – heute kann man Mistelzweige ganz einfach am Linzer Südmarkt kaufen … und dann warten auf die Rückkunft oder Ankunft des Lichts in welcher Gestalt auch immer … „Christus – das Licht der Welt“ -im Zeichen des grünen Adventkranzes oder Lichterbaums … aber ist das nun Weihnachten?

Mistel.jpgWeihnachten ist, wenn arme Kirchenmäuse in Oberndorf am Inn die Orgel auffressen (oder vielleicht doch nur den Blasbalg anknabbern) und so die „Stille Nacht“ als Lied erzwingen. Das wichtigste an diesem Fest ist die Vorfreude, das Warten, eben der Advent mit allem was dazu gehört: Märkte, leuchtende Sterne als Straßenbeleuchtung, das entspannte Suchen nach, oder einfach Finden von Geschenken in den nun schon ab 16 Uhr illuminierten Auslagen. Noch hat sich die Musikberieselung nicht tot gelaufen, noch muss man sie nicht ausblenden. In der Linzer Bischofsstraße mit ihren kleinen, meist alten Geschäften stellt sich ein Wiener Wollzeile-Feeling ein: Alte, schöne Adventkalender, bunte Kugeln, glitzerndes Gehänge, Maroni, Lebkuchen, Zimt lassen die Hitze verblasster, eigener Sommerdepression die in der letzten Woche vorm „24.“ zeitlich & räumlich die größte Entfernung erreicht endgültig vergessen. Niederdruckwetter zieht ganztags eine wundervoll geschlossene Wolkendecke ein – früher wäre an solchen Tagen der winterliche Duft von Koks- & Kohlenheizung den Kaminschloten entströmt und man hätte auch in der Stadt schon das pappende Knirschen des Schnees unter den Schritten und Kufen der Schlitten vernommen. Schnell trifft man noch liebe Bekannte die man nicht unterm Baum antreffen wird. An der Donau und anderen Plätzen der Stadt werden pflanzliche Waldbewohner aller Art im „Nadelstreif“ angeboten. Auf der Suche nach einer großgewachsenen Föhre verrinnt die Zeit von der man erst ab dem 25. wieder genug zur Verfügung hat, denn Post & Mails wollen noch verschickt werden. Doch über allen Wipfeln ist Ruh und so gesellt sich noch eine schlanke Fichte für die Nachbarn und eine Zwergtanne für den Sohn zur festlichen Baumschule dazu. Ein ganz dickes Exemplar wurde immer in die Aula oder den Festsaal der Schule geliefert.

wagnersche weihnacht.JPGDer harzige Nadelduft vermischte sich dort mit diesem ganz typischen Geruch den man auch von den Kabarettproben kannte, der von den seitenverkehrt montierten alten, weißen Fensterverdunkelungen (außen schwarz wegen der Bombennächte) ausging. Am letzten Tag vor den Ferien fanden in der Früh die Premieren der neuesten Super-8-Filme des Hauses kombiniert mit einem eher unkonventionellen, modernen „Hirtenspiel“ und unvermeidlicher Weihnachtsmusik statt – Filme, bei denen in den 70ern noch inhaltlich das Christkind im Mühl4tel gesucht, oder Meister Andersens „Tannenbaum“ in Kirchschlag aus dem Wald geholt wurde – das war man einer Schule in der Bethlehemstraße schon schuldig. Später durften es aber auch verfilmte, eigene Hörspiele wie „Der Gang nach Ragnarök“, Musikfilme wie „Vision Blau“ oder „Tod in Venedig sein“ – jedenfalls immer zwei Monate bevor aus einer ganz ähnlichen Stimmung der Erwartung heraus im Haus das Kabarett als berühmt berüchtigtes „Cabaret“ ausbrach – eine „Bescherung“ ohne Ende …

26-08-2016 14;51;431.jpgAber auch dieses Bauchkribbeln eines frühen Premierenmorgens im Februar, wenn man als erster den leeren, warmen Saal betritt, die Luster aufdreht und in den vorhanglosen Fenstern des knarrenden Eingangsbereichs noch die Schwärze einer kalten Nacht sichtbar wird, kann nicht annähernd mit der kindlichen Vorfreude beim Aufstehen am Tag des Heiligen Abends verglichen werden. Einzig die unglaubliche Langsamkeit die man ersehnt um ja möglichst lang den eigentlichen Höhepunkt wenn das Christkind kommt hinauszuzögern mit dem früher noch extra abgestimmten Kinderprogramm in Schwarzweiß am einzigen Kanal  (wie damals 1 Woche lang zum Sommerferienende während der Rieder Messe) – Da wurde nicht herum gezappt, man durfte schauen ohne zu fragen – alles Spielfilme, Zeichentrick oder regionales Brauchtum … Und heute: Landesstudio, Friedenslicht, ist eh alles erledigt – niemand vergessen? Schau nochmal in die Mails, hat schon irgend jemand zurück geschrieben? Oh, an die hab ich nicht gedacht … Nun aber rasch zurück – andocken an die Kindheit: Einmal noch kurz über die Landstraße, Gesichtsbad, Überraschungsgäste, Durchatmen und dann wieder wie schon vor 60 Jahren rauf auf den Pöstlingberg in die Kirche, Spaziergang vielleicht bis zur Mariengrotte im Wald, bis Kerzen dort zeigen, dass es dunkel wird, ein letzter Besuch auf dem Friedhof bevor sich die Tore schließen und … keinesfalls jetzt schon das Glöckchen – erst noch warten, essen, warten … Und dann: Wohnzimmer, Kerzen, Geschenke, Lieder, Freude, Tränen und Löschwasser für den Baum, der seit gestern mit größten Anstrengungen aufgestellt und ebenso –geputzt unter Verschluss gehalten worden war – Bis „Maria Lichtmess“ soll er halten – teuer genug war er. Nach der Torte bewegt sich der letzte praktizierende Teilzeit-Christ in die ebensolche launige Mette, um die Jubelchöre der Friedenskirche zu verstärken.

Mt Pöstling.jpgGrotte.JPGEs folgen 2 total relaxte Tage bestehend aus schlafen, essen, spielen, reden, essen, schlafen, gefolgt von Tagen winterlicher Freuden ähnlicher Natur bis plötzlich nach einem, dem Kauf von Glücksbringern & Feuerwerk gewidmeten, vormittäglichen Spaziergang, unvermeidlich die schreckliche Silvesternacht, die raueste der Raunächte völlig überflüssig startet, denn die längste Nacht war dann schon zu „St. Thomas“ am 21. 12. !?! – Erinnerungen mit Grausen steigen hoch: Einsame Legospiele, Mutter im Nachtdienst, später mit der Karl Farkas Lachparade und schließlich alljährlich im Countdown des pseudolustig alkoholisierten Umfelds mit dem Zwang in dieser unnedigen Nacht nach dem Null-Uhr-Geballere möglichst lang wach bleiben und die anbrechende Katerlaune der grölend, lallenden „Mitfeiernden“ ertragen zu müssen.

Am Neujahrstag setzt sich dieses böse Erwachen rundum trotz des Neujahrskonzerts fort, nur noch übertroffen von der Katastrophenstimmung am Abend des 6. Jänners, denn da war nun ALLES vorbei und endgültig verdammter Neuanfang angesagt: „Geh ins Bett – Morgen ist wieder Schule“ oder wohlmeinend & noch kürzer: „Schönen (?) Schulanfang !“  In Russland wird Weihnachten erst am 6. & 7. Januar gefeiert, da die russisch orthodoxe Kirche den Julianischen Kalender verwendet. Aber das ist bei den Russen immer so: Die rote „Oktober-Revolution“ ging auch im November über die Bühne. Bei den Deutschen hingegen verläuft immer alles schneller: Das Oktoberfest füllt in München die Bierzelte und Spitäler bereits im September … vielleicht sind deshalb in Bayern auch die Ferien kürzer – und das wollen wir keinesfalls – schon gar nicht zur geruhsamen Zeit der Perchten, Glöckler, Hirten und Engel …                  M. P.

Adeste fideles, laeti triumphantes,
Venite, venite in Bethlehem.
Natum videte regem angelorum:
Venite adoremus, venite adoremus,
Venite adoremus Dominum!

DSCN8796.JPG100 Könige“ vor der Linzer Kapuziner Kirche direkt am Weg  …

Hinweis nur für „Digital Naives“: Worte dieser Farbgebung verstecken Infos, Bilder …, die durch einen linken „Maus-Klick“  aktiviert werden können !

 

Ein Gedanke zu “MARONI, MISTLN, METTE …

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