LOT CAPE CHEN
R O T K Ä P P C H E N
(„Xiao Hong Mao“, wörtlich „kleine rote Mütze“)
Alles begann mit einer Kamerafahrt auf einem Hohlweg von der Gründbergschleife hinauf zum Imkerhof – durch das offene Autofenster saugte das Objektiv die satten Farben des herbstlichen Waldes bei mehreren notwendigen Takes in sich auf:
Schwarz beginnt es zu fließen – Blätterkonturen werden sichtbar – treiben vorbei. Ein Herbstlicher Bach verwandelt sich in einen vorüberziehenden bunten Wald. Die Seiten wechseln – man befindet sich auf einer Bergstraße – da, plötzlich eine Gestalt in einer Kutte, die versucht den Wagen zu stoppen – Dieser weicht aus. Im Wagenfond kurz das verschreckte Gesicht eines jungen Mädchens – der Wagen fährt hält. Eine Tür öffnet sich – die Fahrerin geht um das Auto herum – ein kleiner roter Rollkoffer wird dem Fond entnommen – ein roter Papierschirm erscheint – die Türen schließen sich – der schwarze Wagen mit roter Schleppe entfernt sich und wird vom Wald verschlungen …
Mittlerweile hat das kleine Filmteam das Schloss Wildberg erreicht – immer wieder hatte das wunderbare Gemäuer für Dreharbeiten und Veranstaltungen herhalten müssen. Ruth, Johanna & Oliver operierten so auf bekanntem Terrain. Hier war die „Pannonia“-Filmnacht über die Bühne gegangen – ebenso Musicals wie „Das Neue Jerusalem“ – alles wetterabhängige Freiluftveranstaltungen im Schatten des großen Turms auf der Bühne mit der ewig langen Freitreppe neben dem Burgbrunnen im Innenhof. Hier hatten einige Jahre davor fünf mal hintereinander die „Johannisnächte“ quasi als Eröffnung des Wildberger Musiksommers stattgefunden: Jeweils in der kürzesten Nacht des Jahres sorgten die Fadis gemeinsam mit ihrem geschätzten „Hauskomponisten“ Dr. Helmut Rogl für 1A-Stationentheater an unterschiedlichsten Spielorten des Schlosses bestehend aus Musik und Kabarett zum Thema Wagner. Abende die auch kulinarisch exzellent abgesichert waren und wie alle Wildberger -, sowie sonstigen Fadinger Kultur-Projekte von Ex-Fadi Ingo Kelp technisch optimalst betreut wurden. Winterlich hatte man das Schloss nur einmal als Drehort bei einem Horrorfilm auserkoren. Bei mittlerer Schneelage saß dabei ein Jaguar an der Zufahrt zur Brücke nach wenigen Metern ungeräumter Piste auf und konnte erst am Ende des Drehs von einem nach ganzen zwei eisigen Stunden anrückenden „Gelben Engel“ in Zwergengröße heraus gezogen werden – ein erster Anstoß für den späteren Umstieg der Regie auf einen Cinquecento … doch zurück zu Lot-Cape-Chen …
Über eine alte Holzbrücke erreicht das Mädchen ein altes Schloss – das Hotel seiner Großmutter. Durch das Schmetterlingshaus gelangt es ins Innere des Gebäudes. An der Rezeption wird ihm ein Zimmer zugewiesen. Dort angelangt öffnet es sein rotes Köfferchen und entnimmt ihm Omas Lieblingsgetränk und ein schwarzes Buch. Angelangt in einen kargen, dunklen Raum, der nur von einem goldenen Rahmen am Boden markiert wird legt sich das Mädchen auf das schwarze Bett, öffnet das Buch und lässt sich von ihm in eine ganz andere, fernöstliche Welt entführen:
Dort findet es sich selbst wieder in Gestalt einer jungen, asiatisch anmutenden Frau – bedrängt von zwei listigen Geishas, die diese mittels einer Teezeremonie Gefangene eines Albtraums werden lassen: Elfen, dunkle Gestalten, Wölfe, Drachen, Schwert- und Schattenkämpfer, die als Mangas und „Realfiguren“ ihr Unwesen treiben …
LCC – EIN FERNÖSTLICHES, MUSIKALISCHES VIDEO-EXPERIMENT
„Lot-Cape-Chen“ (Wolf & Dragon) ist eine fernöstliche Videovariante des Märchens “Rotkäppchen” – Ang Lees und Zhang Yimous „Eastern“ sowie „Kill Bill“ und andere Filmklassiker der aufgehenden Sonne (Wuxia) standen dabei Pate bzw. werden in dieser Kurzversion „parodiert“. Allein sieben Schülerinnen waren mit der Herstellung von Mangas beschäftigt, die ebenso wie einige Realszenen aus der Bluebox mit Computerprogrammen filmisch belebt wurden. Über weite Strecken gibt´s natürlich auch ganz herkömmlich gedrehte und verarbeitete Filmbilder. Die Musik zu diesem kleinen Gesamtkunstwerk stammt von Stadt- und Landeskulturpreisträger sowie Absolvent und Ehren-Fadinger Dr. Helmut Rogl – extra für dieses Projekt von ihm komponiert. * Hier ein aktuelles > RADIO-PORTRAIT < (H. Rogl auf FRO – 2018) *
(Lied von & mit H. Rogl – Sänger ist der BLOG-Autor)
Beim üblichen Welser Weihnachtsworkshop im MKH hatte man in nur 2 Tagen auf kleinen Lichttischen alle Manga-Zeichnungen produziert, gescannt und mit den frischen Bluescreen-Szenen der Hauptdarstellerin gemeinsam am PC filmtauglich verarbeitet. Ein gewaltiges Team bestehend aus Zeichnerinnen, FilmerInnen und CutterInnen unter der Leitung von Gerolf Nikolay machte dies im Rahmen der traditionellen Klausur im gratis zur Verfügung gestellten Medienkulturhaus möglich. (Zeichnungen zum Film wurden damals auch in einem „Nextcomic„-Buch verewigt)
Im Beisein vieler Ehrengäste wurde die dann fertige Visualisierung, moderiert vom stellv. Landeskulturdirektor Dr. Stepanek, umrahmt von wahrlich professionellen Schwertkämpfen (Fadis), ausgiebigen Diskussionen und feinem chinesischem Buffet vom gesamten Team präsentiert – die Mangas schmückten die Wände des Saals.
2006 ging diese Premiere des Musikvideos „Lot Cape Chen“ bei der Chinaausstellung im Nordico über die Bühne – im selben Jahr wurde man Landesmeister und errang in Leoben Staatsmeisterschafts-Gold sowie den Preis der Jury (Flamingo). Im Herbst flimmerte LCC beim Animation Screening AniNite, bei der Endrunde der Eurofilmer, im Gebrüder Grimm Museum in Kassel, weiters bei Festivals in St. Petersburg und Tokio über große Leinwände … bei Linz09 im Rahmen der Brucknerfest-Ausstellung „Augenmusik“ als inhaltlicher Bestandteil einer eigenen Installation im Foyer des Brucknerhauses …
Manfred Pilsz
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